Startseite Glossar Gästebuch Forum Impressum FAQ Inhalt

N A. B Das Ruzname des Darendeli Mehmed Efendi
Beschreibung und Erläuterungen, Abschnitt IV
 
voriges Kapitel zurück Inhaltsverzeichnis Literaturverzeichnis weiter nächstes Kapitel

Beschreibung und Erläuterung

Abschnitt IV, Mondtage

zu: Abschnitt IV, Übersetzung zu: Übersetzung in neuem Fenster

 

In dieser Tabelle sind die Anfänge der Mondmonate innerhalb des 19jährigen Mondzirkels verzeichnet. Dieser Zirkel geht davon aus, dass nach 19 Sonnenjahren alle Mondphasen wieder auf das gleiche Datum im Sonnenjahr fallen. 19 Sonnenjahre enthalten 19 mal 12 Mondmonate zuzüglich 7 Schaltmonate, insgesamte 235 Mondmonate. 235 synodische Monate sind ungefähr gleich 6939 Tage, 16 Stunden und 35 Minuten. 19 Jahre nach dem julianischen Kalender entsprechen 6939 Tage und 18 Stunden. Die Differenz zwischen dem Zyklus und den wahren Himmelsbewegungen beträgt nur 85 Minuten in 19 Jahren oder 1 Tag in 322 Jahren.

Die Tabelle enthält 19 mal 12 Felder gleich 228 Felder, in denen die 235 Monatsanfänge verzeichnet sind. In acht Feldern sind zwei Monatsanfänge zu lesen, der Februar des 15. Zyklusjahres enthält keinen Eintrag.

Der Urspung der Tabelle

Der 19jährige Mondzyklus war schon in der Antike bekannt. Seit dem Beginn des 5. Jahrunderts vor Chr. liegt er der babylonischen Zeitrechnung zugrunde (siehe auch den Artikel Iranische Zeitrechnungen ). Mitte des dritten nachchristlichen Jahrhunderts fand dieser Zyklus Eingang in die Osterberechnung der Christen, zuerst in Alexandria, dann auch in den übrigen Kirchen des Ostens. In Konstaninopel veränderte man die Jahreszählung leicht, der Zyklus der Byzantiner ist mit dem der Alexandriner jedoch vollkommen identisch, sieht man von Numerierung der Zyklusjahre ab. Dionysius Exiguus übersetzte im Jahr 525 eine alexandrinische Ostertabelle, die über Byzans nach Rom gekomen war, ins Lateinische. Diese Tabelle ist nach dem alexandrinischen Zyklus geordnet, enthält aber auch den byzantinischen Zyklus (siehe die Artikel Osterstreit, Dionysius Exiguus und Osterstreit, Anhang,Ciclus ab incarnatione.. . Es dauerte dann nur noch wenige Jahrhunderte, bis alle Christen Ostern nach der Rechnung der Alexandriner bestimmten.

Die Tabelle der Monatsanfänge im Ruzname lässt sich auf eine solche christliche Ostertafel zurückführen. Für jedes Zyklusjahr wird dort das Datum des "Frühlingsvollmondes", des 14. Tages des Ostermonats, angegeben. Diese Daten übernahm der Verfasser des Ruzname, rechnete sie auf den ersten Tag im Monat um und verschob sie noch um drei Tage. Der Grund für diese Verschiebung ist die oben beschriebenen Ungenauigkeit des 19jährige Zyklus. Im 16. Jahrhundert traten die Mondphasen, so auch der christliche Frühlingsvollmond, drei bis vier Tage nach den zyklisch berechneten Datum ein. Daher verschob die gregorianische Kalenderreform 1582 das Mondjahr um eben diese drei Tage gegen das Sonnenjahr. Auch in der Tabelle des Ruznames sind die Daten um drei Tage verschoben. Hierzu brauchte Darendeli Mehmed Efendi oder sein Vorgänger Scheich Vefa allerdings kein christliches Vorbild, jeder konnte die Ungenauigkeit der Osterrechnung am Himmel ablesen.

Die folgende Auflistung soll die Abhängigkeit der Darstellung des Ruznames von der Osterrechnung verdeutlichen:
Hierbei bedeuten:
  GZGoldene Zahl, das Zyklusjahr nach der alexandrinischen und abendländischen Osterrechnung
  CLCyclus Lunae, das Zyklusjahr nach dem byzantinischen Zyklus.
  Luna XIVDer "Frühlingsvollmond", der 14. Tag des Ostermonats
  Luna IDer 1. Tag des Ostermonats
  Ruzname  Der Monatsanfang nach dem Ruzname im März
 

GZ CL Luna XIV Luna I Ruzname
4 1 2. April 20. März 17. März
5 2 22. März 9. März 6. März
6 3 10. April 28. März 25. März
7 4 30. März 17. März 14. März
8 5 18. April 5. April 3. März (!)
9 6 7. April 25. März 22. März
10 7 27. März 14. März 11. März
11 8 15. April 2. April 30. März
12 9 4. April 22. März 19. März
13 10 24. März 11. März 8. März
14 11 12. April 30. März 27. März
15 12 1. April 19. März 16. März
16 13 21. März 8. März 5. März
17 14 9. April 27. März 24. März
18 15 29. März 16. März 13. März
19 16 17. April 4. April 1./31 März (!)
1 17 5. April 23. März 20. März
2 18 25. März 12. März 9. März
3 19 13. April 31. März 28. März

Gegen die Behauptung, das Ruzname habe einfach die christliche Ostertabelle übernommen kann man natürlich einwenden, der 19jährige Zyklus sei schon vor Christus allgemein bekannt und verbreitet gewesen. Die Übernahme kann aber eindeutig bewiesen werden.

1.: Das Ruzname folgt dem byzantinischen Zyklus. Dieser ist um drei Jahre gegen den alexandrinischen Zyklus verschoben. Die Daten des Ruzname entsprechen genau denen des byzantinischen Zyklus, Da ein Zyklus ein immerwährender Kreislauf ist, hätte man man mit jedem beliebigen Jahr beginnen können.
2.: Der Saltus Lunae: Ein Mondkalender springt jedes Jahr um elf Tage gegen das Sonnenjahr zurück. Einmal jedoch in 19 Jahren muss man um zwölf Tage zurückspringen, um auf das Ausgangsdatum zurückzukommen. Diesen "Mondsprung" legt der alexandrinsche und der abendländische Computus an des Ende des Zyklus, also zwischen das 19. und das 1. Zyklusjahr. Im Ruzname liegt er, der byzantinischen Rechnung folgend, nach dem 16. Zyklusjahr.
3.: Der christliche Ostermonat hat immer 29 Tage, der vorhergehende 30 Tage. Das Ruzname folgt diesem Grundsatz, der im März endende Monat hat 30 Tage. In diesen Monat fällt allerdings der Schalttag im Februar, so dass dieser Monat jedes vierte Jahr physikalisch 31 Tage hat, natürlich ein Unding. Auch dies könnte für Darendeli ein Grund dafür sein, immer vom Mondjahr und arabischen Monaten sprechen, den ein Monat von 31 Tagen im islamischen Kalender hätte sicherlich Ärger bereitet.

Die Abhängigkeit der Daten des Ruzname von der christlichen Osterrechnung ist, was die Daten des Ostermonats betrifft, eindeutig. Dann unterscheiden sie sich allerdings. Im Computus haben zwei Monate immer zusammen 59 Tage, "volle" und "hohle" Monate wechseln sich regelmässig ab, lediglich unterbrochen die das Einschieben der 30tägigen Schaltmonate. Im Ruzname hingegen scheint mehr Wert auf Zahlensymmetrie gelegt worden zu sei denn auf astronomische Regeln. Zuweilen folgen zwei Monate zu je 30 Tagen oder zu je 29 Tagen aufeinander, für eine zyklische Mondberechnung recht ungewöhnlich. Die Genauigkeit der Osterrechnung kann die Tabelle des Ruznames nicht erreichen. Ausführlich wird dies im Anhang im Kapitel über die Mondzyklen dargestellt

Umrechnung von Kalenderdaten

Mit Hilfe dieser Tabelle der Mondmonate kann man in Verbindung mit der Jahrestabelle des vorigen Abschnittes ein Datum des Mondjahres, also des islamischen Kalenders, in ein Datum des Sonnenjahres, dem Rumi-Kalender, umrechnen umd umgekehrt.

Beispiel: Auf welches Datum fiel der 4. Zulqade 1213?

Nach Tabelle III war das Jahr 1213 ein 12. Zyklusjahr, der 1. Mart fiel in den Schawwal. Nach Tabelle IV fiel der 1. Zulqade auf den 27. Mart, der 1. Zulhidsche auf den auf den 25. April. Der 4. Zulqade 1213 (islamisch) war folglich der 28. Nisan 1213 des Rumi-Kalenders. Dieses Datum entspricht dem zyklischen islamischen Kalender mit Epoche 15. Juli 622.

Genauere Hinweise in dem Kapitel Anleitung zur Handhabung des Ruzname

Die Berechnung des Ostersonntags

In Abschnitt III findet sich die folgende Randbemerkung: "Mart içinde yeni olan arabi ayının on beşinden sonra gelen çarşanbe akıbında gelen yekşanbe Baiza-i sürh dür." Wörtlich übersetzt heisst dies: "Der Sonntag, der auf den Mittwoch folgt, der nach dem 15. des im März beginnenden arabischen Monats liegt, ist Baiza-i sürh". Mit Baiza-i sürh, wörtlich "Rotes Ei" ist offensichtlich der Ostersonntag gemeint. Es ist dies die osmanisch-türkische Übersetzung des griechischen "κοκκινα αυγα", modern-türkisch Kızıl Yumurta, ein Bezeichnung für Ostern, die damals noch allgemein bekannt war, so dass sich jegliche Erklärung erübrigte. [Behrens S. 54]. Rot gefärbte Eier spielen in den griechischen Osterbräuchen eine grosse Rolle. Nun muss sich nach einer Tabelle, der die christliche Osterrechnung zugrunde liegt, natürlich der Ostersonntag bestimmen lassen. Die Anleitung, die hier gebracht wird ist allerdings ebenso verwirrend wie falsch.

"Ostern fällt auf den Sonntag, der dem 14. Tag des Ostermonats folgt," so lautet die christliche Osterregel. Der Ostersonntag fällt daher immer in den Zeitraum 15. bis 21 Tag dieses Monats. Das Ruzname verschiebt die Monddaten um drei Tage, dies muss berücksichtigt werden. Einfach und korrekt wäre folgende Formulierung: "Baiza-i sürh ist der Sonntag, der dem 17. Tag des im März beginnenden arabischen Monats folgt."

Das Ruzname setzt den im März beginnenden Mondmonat mit dem Ostermonat gleich. Dies ist grundsätzlich richtig, in zwei Fällen aber, im fünften und im 16. Zyklusjahr, liegt dieser Monat jedoch vor dem Ostermonat. Im 5. Jahr ist anstelle des am 3. März beginnenden Monats, der folgende am 1. April beginnende Monat zu nehmen, im 19. Zyklusjahr ist nicht der am 1. März, sondern der am 31. März beginnende Monat heranzuziehen. Berücksichtigt werden muss auch, dass sich dadurch die Folge der hohlen und vollen Mond verschiebt.

Die Anleitung im Ruzname müsste so formuliert werden:

Mit diesen Regeln lässt sich das Osterdatum nach dem julianischen Kalender anhand des Ruznames für alle Zeiten korrekt bestimmen.

siehe auch die ausführliche Darstellung im Anhang

 

weiter



Startseite Glossar Gästebuch Forum Impressum FAQ Inhalt

© 2012 Nikolaus A. Bär   e-mail zur E-mail Adresse