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N A. B Die Epakte
Gliederung

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Der Begriff der Epakte

In der christlichen Osterrechnung spielten und spielen auch heute noch die Epakten eine grosse Rolle. Sie gelten als Hilfsmittel zur Bestimmung des ersten Vollmondes im Frühling, denn sie beschreiben das Verhältnis von Sonnenjahr und Mondjahr.

Das Wort Epakte leitet sich ab von dem griechischen Ausdruck ημέραι ε̉πακταὶ, "hinzugefügte Tage", lateinisch "dies adiectiones". Gemeint ist damit die Anzahl der Tage an, die dem Ende eines Mondjahres hinzugefügt werden müssen, um an den Anfang des Sonnenjahres zu gelangen. "Epacta nihil aliud est quam numerus dierum quibus annus solaris communis dierum 365 annum communem lunarem dierum 354 superat", die Epakte ist nicht anderes als die Zahl der Tage, um die das gemeine Sonnenjahr das gemeine Mondjahr übersteigt. So klar und einfach haben 1582 jene Gelehrten, die im Auftrag von Papst Gregor XIII. den bestehenden Kalender und seine Berechnung des Osterfestes korrigieren sollten, den Begriff Epakte definiert (siehe Canon II).

Entstanden ist unsere heutige Osterberechnung an der Wende vom 3. zum 4. Jahrhundert in Alexandria. Sowohl in Rom wie auch in Alexandria war das bürgerliche Jahr ein Sonnenjahr zu 365 Tagen, zu denen in jedem vierten Jahr ein Schalttag hinzukam. Beide Kalender unterscheiden sich allerdings im Jahresbeginn, in der Länge der Monate und in der Lage des Schalttages. Die Osterberechnung ist nach christlicher Tradition abhängig vom Passahtag, der nach dem Mondkalender berechnet wird. Er liegt am 14. Tag des Frühlingsmonats, des jüdischen Nisan. Zwischen einem Neumond dem darauf folgenden liegen rund 29 Tage und 12 Stunden. Das Mondjahr mit zwölf Monaten zu abwechselnd 30 und 29 Tagen zählt 354 Tage, ist somit 11 Tage kürzer als das Sonnenjahr.

Es galt nun einen Weg zu finden, Sonnenjahr und Mondjahr miteinander zu verknüpfen. Grundlage dieses Zusammenspiels ist ein Zyklus von 19 Jahren. Alle 19 Jahren fällt jede Mondphase und somit auch jedes Datum im Mondkalender wieder auf das gleiche Datum im Sonnenkalender. Wenn im ersten Jahr dieses Zyklus Sonnen- und Mondjahr am gleichen Tag beginnen, wird im folgenden Jahr das Sonnenjahr 11 Tage später als das Mondjahr beginnen, ein weiteres Jahr später bereits 22 Tage später. Im vierten Jahr würde der Unterschied bereits 33 Tage, also mehr als einen Monat betragen. Dann wird im Mondjahr ein Schaltmonat eingeschoben, der Abstand zwischen Sonnen- und Mondjahr vermindert sich auf drei Tage. Im letzten Zyklusjahr muss ein Tag im Mondjahr ausfallen, der saltus lunae, um wieder auf die Anfangsdaten zurückzukommen.

Die Epakte beschreibt diese Differenz zwischen Sonnen- und Mondkalender. Die folgende Tabelle soll dies verdeutlichen. Sie zeigt die Länge des Sonnenjahre, des Mondjahres, sowie die Summe der seit Zyklusbeginn abgelaufen Tage.

Zyklus Länge des
Mondjahrs
Tage der
Mondjahre
Länge des
Sonnenjahrs
Tage der
Sonnenjahre
Differenz
1   0  0
2 354 354 365 36511
3 354 708 365 73022
4 384 1092 365 10953
5 354 1446 365 146014
6 354 1800 365 182525
7384 2184 365 21906
8 354 2538 365 255517
9 354 2892365 292028
10 384 3276 365 32859
11 354 3630 365 365020
12 384 4014 365 40151
13 354 4368365 438012
14 354 4722 365 474523
15 384 5106 365 51104
16 354 5460 365 547515
17 354 5814 365 584026
18 384 6198365 62057
19 354 6552 365 657018
1 353 6935365 69350
Der Schalttag im Sonnenjahr ist nicht zu berücksichtigen, da er Sonnen- und Mondjahr gleichermassen verlängert.

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Die Epakten der Alexandriner


Wie schon ausgeführt liegt der Ursprung der später allgemein üblichen Osterrechnung in Alexandria. Das Verdienst, den auf jüdischer Tradition beruhenden 19jährigen Zyklus eingeführt zu haben, wird dem Alexandriner Anatolius zugeschrieben, dessen hohe Bildung allseitig gerühmt wurde. Im Jahr 268 wurde er als Bischof von Laodicaea eingesetzt, wo er um 282 verstarb. Von seinem Osterkanon ist nur ein kleiner Auszug erhalten, der es nicht möglich macht, die Ostertabelle eindeutig zu rekonstruieren. Überhaupt sind aus der Zeit vor dem Konzil von Nikäa keinerlei Osterdaten aus Alexandria überliefert. Es ist jedoch sicher, dass die alexandrinische Osterrechnung irgendwann gegen Ende des 3. Jahrhunderts ihre endgültige Gestalt gefunden haben muss. Im Jahre 328 jedenfalls war sie bereits voll ausgebildet und erfuhr dann in den folgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten keine nennenswerte Veränderung mehr. Seit diesem Jahr sind wir nämlich über die alexandrinischen Ostern bestens informiert.

Athanasius, Bischof von Alexandria in den Jahren 328 bis zu seinem Tod 373, der viele Jahre seines Patriarchats im Exil verbringen musste, schrieb alljährlich an seine Gemeinde Festtagsbriefe, in denen er das Osterdatum mitteilte. Auch die Epakte des betreffenden Jahres wird in der Regel angegeben. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts fanden Engländer das Archiv des Patriarchats von Alexandria in einem Kloster in der nitrischen Wüste und verbrachten es nach London. Heute befindet es sich im Britischen Museum. F. Larsow fertigte im Jahre 1852 eine deutsche Übersetzung dieser Festbriefe an ( F. Larsow: Die Fest-Briefe des Heiligen Athanasius). Eduard Schwarz bringt in seinem Werk "Christliche und jüdische Ostertafeln" einen tabellarischen Überblick.

Für die folgenden Überlegungen muss die alexandrinische Zeitrechnung herangezogen werden. Eine Umrechnung auf den julianischen Kalender ist nur unzureichend möglich.

Im ersten Zyklusjahr fällt der Passahtag auf den 10. Pharmuthi (5. April). Der Ostermonat fing also am 27. Phamenoth (23. März) an. Zwischen 1. Thoth, dem Beginn des bürgerlichen Sonnenjahres, und dem 27. Phamenoth, dem Beginn des Ostermonats, liegen 206 Tage, das sind genau 3 volle Mondmonate zu je 30 Tagen und 4 hohle Monate zu je 29 Tagen. Am 1. Thoth begann demzufolge ebenfalls ein Mondmonat. Als Ausgangspunkt der alexandrinischen Osterrechnung kann daher mit recht das Jahr 284 vermutet werden, das Jahr 1 der Zählung der Jahre nach Diokletian. In diesem Jahr war astronomischer Neumond am 28. August um 6:44 Uhr mittlerer Ortszeit Alexandria. Der folgende 29. August war demzufolge Luna I. Die Epakte des ersten Zyklusjahres ist somit "Null". Die Null wurde übrigens immer ausgeschrieben, ein Zahlenzeichen dafür gab es nicht. Mond- und Sonnenkalender verschoben sich in den Folgejahren nach dem oben angeführtem Schema:

Die alexandrinischen Epakten:
Zyklusjahr: 123 456 789 101112 131415 161718 19
Epakte: 01122 31425 61728 9201 12234 15267 18

Die Frage, welche Epakte das erste Zyklusjahr bei den Alexandriner hatte, wird heftig diskutiert. In den beiden Festbriefen des Athanasius für die Jahre 342 und 361, jeweils erste Jahre eines Zyklus, steht nämlichen eindeutig "Epakte 29". Larows schreibt hierzu: " Die Epacte ist 29 angesetzt, statt 30 oder 0" (a.a.O. S. 50). Ausführlich geht Schwarz in dem oben angegebenen Werk auf diese Frage ein. Er führt aus, dass er sich ausschliesslich nach den alexandrinischen Urkunden richte, nämlich "der Ostertafel, die in den Hypotheseis der athanasischen Briefe steckt, dem Prolog des Patriarchaten Theophilus, dem einzigen, was von seiner Ostertafel übriggeblieben ist, und dem Brief des Patriarchen Proterius an Papst Leo; dazu kommt das Excerpt in Eusebius KG aus Anatolius Buch über das Pascha, das sich freilich auf den kanonisch gewordenen Cyclus, sondern auf dessen Vorstufe bezieht. Andere Documente echt alexandrinischen Ursprungs giebt es nicht" (a.a.O. S. 5). Später schreibt er: "Nicht ganz unwichtig ist es, dass die Ostertafel der athanasischen Festbriefe als Epakte des ersten Jahres 30 angiebt." (a.a.O. S. 14). In den Festbriefen steht aber nun ganz eindeutig 29 [griechisch: KΘ] und nicht 30 [griechisch: Λ]. Wieso dies Schwarz als Beweis für seine These von Epakte 30 im ersten Zyklusjahr betrachtet, kann nicht nachvollzogen werden.

Um den scheinbaren Widerspruch zwischen Epakte 29 und Epakte Null aufzuklären, muss etwas weiter ausgeholt werden. Man darf nicht nur die Verschiebungen des Passahtages betrachten sondern muss sich den Beginn aller Mondmonate in den 19 Zyklusjahren ansehen. Im Computus der Alexandriner ist dies geschehen. Zusätzlich sind hier sogar noch einige jüdische Feiertage eingetragen. Dies geschah natürlich nicht, um den Juden die Möglichkeit zu geben, ihre Feiertage nach der christlichen Osterrechnung zu bestimmen, vielmehr ist es der Beweis dafür, dass der Frühlingsmonat Nisan und der Passahtag streng an den Vorschriften des Alten Testaments ausgerichtet sind. Der grosse Unterschied ist, dass die Juden den Schaltmonat vor den Beginn des Nisan legen, im christlichen Computus hingegen dieser Schaltmonat vor dem vor dem Monat Tischri liegt, dem Beginn des bürgerlichen jüdischen Jahres. Zwar fand dieser Computus erst unter dem Nachfolger des Athanasius zu Ende des 4. Jahrhunderts im Zusammenhang mit der Entwicklung der alexandrinischen Weltära durch Panadoros und Anianos seine endgültige Form, die Daten des Sonnen- und Mondjahres sind aber seit 328 bis heute unverändert. Man kann mit Sicherheit annehmen, dass bereits unter Athanasius derartige Tabellen existierten.

Die folgende Tabelle zeigt die Monatsanfänge und die Abfolge der vollen und hohlen Monate über den gesamten Zyklus. In die erste Spalte wurde bewusst der 12. Monat Mesori gestellt, da der in diesem Monat beginnende Mondmonat die Epakte lenkt:

Die Anfänge der Mondmonate im 19jährigen alexandrinischen Zyklus:
Die Monatsnamen des bürgerlichen Jahres sind durchnumeriert mit Ausnahme des ersten Monats Thot.
Die in den einzelnen Feldern stehenden Zahlen geben an, an welchen Tagen im entsprechenden Monat ein neuer Mondmonat beginnt.
Rot unterlegte Daten zeigen das "Jüdische Neujahr" an. Dieser Monat hat 30 Tage.
Grün unterlegte Daten bedeuten, dass hier ein voller Monat zu 30 Tagen beginnt.
Fett gedruckte Zahlen zeigen den Beginn eines Schaltmonats an.
Der Beginn des Ostermonats ist blau unterlegt
Zyk Epakte XII EgThotII IIIIVV VI.VIIVIII IXXXI
I   Null 7 - - 1/30 30 29 29 28 28 27 27 26 26 25
II   11 25 - - 19 19 18 18 17 17 16 16 15 15 14
III   22 14 - - 8 8 8 7 7 6 6 5 5 4 4
IV   3 3 3 27 27 26 26 25 25 24 24 23 23 22
V   14 22 - - 16 16 15 15 14 14 13 13 12 12 11
VI   25 11 - - 5 5 5 4 4 3 3 2 2 1 1/30
VII   6 30 - - 24 24 23 23 22 22 21 21 20 20 19
VIII   17 19 - - 13 13 13 12 12 11 11 10 10 9 9
IX   28 8 - - 3 2 2 1 1/30 30 29 29 28 28 27
X   9 27 - - 21 21 20 20 19 19 18 18 17 17 16
XI   20 16 - - 10 10 10 9 9 8 8 7 7 6 6
XII   1 5 5 29 29 28 28 27 27 26 26 25 25 24
XIII   12 24 - - 18 18 17 17 16 16 15 15 14 14 13
XIV   23 13 - - 7 7 7 6 6 5 5 4 4 3 3
XV   4 2 2 26 26 25 25 24 24 23 23 22 22 21
XVI   15 21 - - 15 15 14 14 13 13 12 12 11 11 10
XVII   26 10 - - 4 4 4 3 3 2 2 1 1/30 30 29
XVIII   7 29 - - 23 23 22 22 21 21 20 20 19 19 18
XIX   18 18 - - 12 12 12 11 11 10 10 9 9 8 8
I   Null 7 - - 1/30 30 29 29 28 28 27 27 26 26 25

Wie man aus dieser Tabelle ersehen kann beginnt im ersten Jahr am 1. Thoth ein neuer Mondmonat zu 29 Tagen. Der vorangehende Monat beginnt am 7. Mesori und ist ebenfalls ein hohler Monat. Dieses Zusammentreffen zweier Monate zu 29 Tagen ist der bereits erwähnte saltus lunae am Ende des Zyklus. Der 7. Mesori liegt 29 Tage vor dem 1. Thoth. Definiert man nun Epakte als den Abstand des Neujahrs zum letzten Monatsbeginn im Mondjahr vor dem 1. Thot, kommt man auf 29, legt man dagegen den Abstand zu Monatsbeginn zugrunde, in dem der 1. Thoth liegt, kommt man auf Epakte Null. Die Epakte des ersten Jahres kann daher nur 29 oder Null sein, niemals 30.


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Die Epakten des Beda

Im Jahre 525 übersetzte und bearbeitet Dionysius Exiguus eine alexandrinische Ostertafel, die auf den Patriarchen Cyrillus zurückgeführt wurde und die über Byzanz nach Rom gelangt war. In seiner Tabelle gibt er auch für jedes Jahr die alexandrinische Epakte an. Die betreffende Spalte ist überschrieben mit: "EPACTAE Id Est ADIECTIONES LUNAE". Zwar finden sich bei Dionysius einige Erläuterungen zu seiner Tafel, auch eine Regel, wie die Epakten zu berechnen seien, niemals aber äussert er sich über Sinn und Zweck dieser "dies adiectiones". [vgl. auch die Schriften des Dionysius Exiguus]

Genau 200 Jahre später schrieb Beda Venerabilis sein Werk De Temporum Ratione, das zur Grundlage der abendländischen Komputistik werden sollte. Wie Dionysius ist auch Beda die ursprüngliche alexandrinische Bedeutung der Epakte unbekannt. Für ihn wird sie ein Hilfsmittel zur Bestimmung des Mondalters, speziell der Luna XIV paschalis, dem sogenannten "Ostervollmond", aber auch der Luna eines beliebigen Tages. Beda schreibt sinngemäss: "So wie die Epakten jährlich um je elf Tage anwachsen, so auch die Luna eines jeden Tages. Wäre heute beispielsweise Luna V, so wäre am gleichen Tag ein Jahr später Luna XVI, zwei Jahre später Luna XXVII, drei Jahre später Luna VIII. Das heutige Datum Luna V würde erst wieder eintreten, nachdem der gesamte Zyklus von 19 Jahren einmal durchlaufen ist" [De Temporum Ratione, cap. L].

Als den "Sitz der Epakten" betrachtet Beda den 22. März: "Quia nimirum XI Calendarum suprascriptarum [= mensis Aprilis], sicut saepe dictum est, proprius est omnium locus epactarum." [De Temporum Ratione, cap. LX]. Er kommt dazu durch die Luna XIV paschalis des 1. Zyklusjahres. Sie liegt am 5. April, Luna I des Ostermonats daher am 23. März. Der 22. März wäre demnach Luna XXX des Vormonats. Streng genommen müsste daher Beda anstelle von Epakte Null für das erste Zyklusjahr Epakte 30 nehmen.

Wie unsicher man sich über den Sinn der Epakten war, zeigt auch die Tatsache, dass man weithin die Epakten am 1. September wechseln liess, wie ein Merkvers der mittelalterlichen Komputisten zeigt: "Mars concurrentes, September mutat epactas." Nur so lassen sich mittelalterliche Datierungen verstehen, die häufig zur Absicherung der Jahreszahl auch die entsprechende Epakte angeben. Der 1. September liegt nur zwei bis drei Tage nach dem alexandrinischen Jahresbeginn. Beda selbst legt den Wechsel der Epakte auf den 1. Januar, spricht sich explizit gegen den 1. September aus, da sonst seine kunstvollen aber fehleranfälligen Berechnungen der Luna der Kalenden nicht richtig wären: "Si enim ipsum argumentum iuxta Aegyptios a Septembri mense, ubi principium est anni eorum, inchoaveris, necesse est ut luna Julii mensis eo anno XXIX dies ut nunquam alias habeat, uno, videlicet ratione saltus, amisso, et ob id luna Calendarum Augustarum tertia reddatur, quae iuxta argumenti regulam secunda computabatur. Si vero, iuxta hoc quod nos supra docuimus, a Januario principium argumenti sumere mavis, eodem ordine luna in Calendas Decembres VII incurrit.." [De Temporum Ratione, cap. XX].

Die Epakte wurde zu einem "Mondphasenanzeiger", mit dem sich gut rechnen liess. Ab dem 10. Jahrhundert wurden immer mehr Fachbegriffe in den Komputus eingeführt wie die Claves terminorum oder die Regulares. Die abendländische Osterberechnung wurde mit immer mehr Zutaten überfrachtet, wurde allmählich zu einer Art Geheimwissenschaft der Komputisten, die die Klarheit und Einfachheit der alexandrinischen und auch der frühen abendländischen Ostertafeln kaum mehr durchscheinen liess.

Einen gewissen Halt konnten die Goldenen Zahlen geben. Im Abendland wurden die einzelnen Jahre im Zyklus numeriert. Diese Goldenen Zahlen haben ihren Namen davon, dass sie mit goldfarbenen Tinte in die Kalendarien und Tabellen geschrieben wurden. Jedem Zyklusjahr und somit auch jeder Goldenen Zahl ist eindeutig eine Epakte zugeordnet. So brauchte man die Epakten gar nicht, man konnte auch einfach auf die Goldene Zahl zugreifen.

Auch im weltlichen Bereich wurde nicht selten bei Datierungen die Goldene Zahl oder die Epakte angefügt, um eine Jahreszahl eindeutig zu kennzeichnen.

Die folgende Tabelle zeigt den abendländischen Mondzyklus, wie er von Beda eingerichtet worden war und wie er bis zur Reform von 1582 galt (nach Ginzel, Bd. III, S. 136).

Die Anfänge der Mondmonate im 19jährigen abendländischen Zyklus:
Die in den einzelnen Feldern stehenden Zahlen geben an, an welchen Tagen im entsprechenden Monat ein neuer Mondmonat beginnt.
Grün unterlegte Daten bedeuten, dass hier ein voller Monat zu 30 Tagen beginnt.
Fett gedruckte Zahlen zeigen den Beginn eines Schaltmonats an.
GZ Epakte Jan.Feb.März Apr.MaiJun. Jul.Aug.Sep. Okt.Nov Dez.
I   Null 23 21 23 21 21 19 19 17 16 15 14 13
II   11 12 10 12 10 10 8 8 6 5 4 3 2
III   22 1/31 - 1/31 29 29 27 27 25 24 23 22 21
IV   3 20 18 20 18 18 16 16 14 13 12 11 10
V   14 9 7 9 7 7 5 5 3 2 2/31 30 29
VI   25 28 26 28 26 26 24 24 22 21 20 19 18
VII   6 17 15 17 15 15 13 13 11 10 9 8 7
VIII   17 6 4 6 5 4 3 2 1/30 29 28 27 26
IX   28 25 23 25 23 23 21 21 19 18 17 16 15
X   9 14 12 14 12 12 10 10 8 7 6 5 4
XI   20 3 2 3 2 1/31 29 29 27 26 25 24 23
XII   1 22 20 22 20 20 18 18 16 15 14 13 12
XIII   12 11 9 11 9 9 7 7 5 4 3 2 2/31
XIV   23 30 28 30 28 28 26 26 24 23 22 21 20
XV   4 19 17 19 17 17 15 15 13 12 11 10 9
XVI   15 8 6 8 6 6 4 4 2 1 1/30 29 28
XVII   26 27 25 27 25 25 23 23 21 20 19 18 17
XVIII   7 16 14 16 14 14 12 12 10 9 8 7 6
XIX   18 5 3 5 4 3 2 1/31 29 28 27 25 24

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Die Epakten des Lilius (Die gregorianische Epakte)

Die Osterberechnung nach dem 19jährigen Zyklus war nicht so genau, wie man es lange vermutet hatte. Im Laufe der Jahrhunderte wichen die zyklischen Daten immer weiter vom wahren Stand der Sonne und des Mondes ab. Mitte des 16. Jahrhunderts lag das Äquinoktium bereits zehn bis elf Tage vor dem 21. März, der Ostervollmond trat drei bis vier Tage vor dem Passahtag, der sogenannten Luna XIV paschalis ein, was jeder am Himmel selbst beobachten konnte. Abhilfe war dringend geboten. So kam es unter Papst Gregor XIII. 1582 zu einer Erneuerung des Kalenders und der Osterrechnung. Man fand einen Weg, die alte Osterberechnung grundsätzlich beizubehalten, sie jedoch durch zusätzliche Schaltungen den Bewegungen von Sonne und Mond optimal anzupassen.

Anpassung des Sonnenjahres:

Anpassung des Mondjahres:

Der 19jährige Zyklus der Goldenen Zahlen und die damit verbundene Epaktenregelung wurden grundsätzlich beibehalten. Die Kirche legte grossen Wert darauf, die alten Traditionen zu wahren. Nie war von einer reformatio die Rede, immer von einer restitutio, emdendatio oder correctio, also einer Wiederherstellung oder Korrektur des Kalenders.

Durch die neuen Schaltregeln änderte sich jedoch laufend das Zusammenspiel von Sonnenjahr und Mondjahr. Bisher gab es für jedes Zyklusjahr eindeutig einen Termin für die Luna XIV paschalis. In einem ersten Zyklusjahr lag dieser "Ostervollmond" am 5. April., verschob sich in den folgenden Jahren nach dem beschreibenen Schema um nach 19 Jahren wieder auf den 5. April zu fallen. Durch die Anpassung des Sonnenjahres wurde dieser 5. April zum 15. April, infolge der Anpassung des Mondjahres musste man wieder drei Tage zurückschreiten. Luna XIV war nun am 12. April, eine Verschiebung um insgesamt sieben Tage. Jedes mal, wenn ein Schalttag ausfiel oder das Mondjahr verschoben wurde, änderte sich auch das Datum von Luna XIV im ersten und in allen weiteren Zyklusjahren.

Januarius
Cyclus
Epact.
L.D. D.M.
*AKal.1
XXIXbiv2
XXVIIIciii3
XXVIIdPrid.4
XXVIeNon.5
25, XXVfviii6
XXIVgvii7
XXIIIAvi8
XXIIbv9
XXIciv10
XXdiii11
XIXePrid.12
XVIIIfIdib.13
XVIIgxix14
XVIAxviii15
XVbxvii16
XIVcxvi17
XIIIdxv18
XIIexiv19
XIfxiii20
Xgxii21
IXAxi22
VIIIbx23
VIIcix24
VIdviii25
Vevii26
IVfvi27
IIIgv28
IIAiv29
Ibiii 30
*cPrid.31

Man brauchte daher eine Möglichkeit, diese Wechsel zu beschreiben. Hier bot sich die Epakte an.

Von gosser Bedeutung war, das man den 1. Januar als Jahresbeginn auch für die mit der Osterrechnung zusammenhängenden Kennzeichen bestimmte. Goldene Zahl und Epakte wechselte mit diesem Tag.

Ferner griff man auf die ursprüngliche Bedeutung der Epakte zurück: Die Epakte zeigt nun wieder die Differenz zwischen Sonnen- und Mondjahr an, konkret die Anzahl der Tage, die zwischen dem Ende des letzten Mondmonats im alten Jahr und dem 1. Januar liegen. Clavius erläutert dies ausführlich:

Es gibt 30 Epakten, von I bis XXX oder bis *. Die letzte Epakte XXX wird besser mit dem Zeichen * als mit der Zahl XXX wiedergegeben, da um genau zu sein, es keine Epakte XXX geben kann. Ausnahmslos jede Epakte muss kleiner sein als die Dauer einer vollen Lunation. Die Epakten sind nämlich die Zahl der Tage, die im Dezember nach der letzten Lunation des Jahres übrig geblieben sind. Wenn die letzte Lunation des Jahres am letzten Tag des Dezembers endet, so dass kein Tag mehr übrig bleibt, ist die Epakte des folgenden Jahres 0, endet die Lunation am vorletzten Tag, dem 30., ist die Epakte 1, wegen des einen Tages, der übrig bleibt, endet sie am drittletzten Tag, dem 29., ist die Epakte 3, und so weiter bis man zu der Lunation gelangt, die am 1. Dezember endet. Dann bleiben 30 Tage übrig. Diese Lunation ist aber nicht die letzte, sondern die vorletzte, da die 30 Resttage die letzte Lunation darstellen. Die folgende Epakte ist 0 oder 30, was wir mit * kennzeichnen. Der Grund, weshalb es insgesamt 30 Epakten sein können, von I bis XXX oder o oder *, liegt darin, dass 1, 2, 3 etc. bis zu 30 oder 0 Tage am Ende der Dezemberlunation übrig bleiben können....[Clavius (1603), S. 119 ]

Im Kalendarium wurde nun für jeden Tag im Jahr eine Epakte angegeben, die anzeigt, dass hier ein neuer Monat beginnt, dass dieser Tag also in einem Jahr mit der angeführten Epakte Luna I entspricht. Ein Tag vorher ist der zyklische Tag des Neumonds, 13 Tage später der Vollmondtag. Die nebenstehend Tabelle ist ein Auszug aus dem Kalendarium. Dem 1. Januar ist Epakte * zugeordnet, dem 2. Januar Epakte XXIX u.s.w., so wie es Clavius an der zitierten Stelle erläutert hat. So kann man leicht über Jahrtausende hinweg das Mondalter eines jeden Tages aus dem Kalender ablesen. Diese "neuen" Epakten werden in der Literatur häufig als "lilianisch" bezeichnet nach Aloisius Lilius, von dem die Vorlage für die Kalenderreform stammte. Lilius ist allerdings in der Allgemeinheit eher weniger bekannt Man sollte diese Epakten daher besser als gregorianisch bezeichnen, so wie auch der gesamte neue Kalender genannt wird.

In einem ersten Schritt übertrug man die neuen Epakten in die alte Osterberechnung. Bisher begann im ersten Zyklusjahr am 24. Dezember ein neuer Mondmonat, der am 22. Januar endete. Die letzte Lunation vor Beginn des Sonnenjahres endete also am 23. Dezember. Zwischen dem 23. Dezember und dem 1. Januar liegen acht Tage. Die Jahre mit der Goldenen Zahl 1 der alten Osterrechnung erhielten nun die gregorianische Epakte VIII. Diesen Übergang vom alten zum neuen Stil zu dokumentieren hielt man für so wichtig, dass man im römischen Messbuch in dem Traktat "Vom Jahr und seinen Teile" eigens hierfür eine Ostertabelle abdruckte, die Tabula Paschalis antiqua reformata, in der dem Jahr mit der Goldenen Zahl 1 die Epakte VIII zugeordnet ist. Man konnte also das neue Kalenderium hernehmen, um alle zyklischen Monddaten und somit auch alle Ostertage nach dem alten Stil zu berechnen.

Wie bereits ausgeführt, verschoben sich durch die neuen Schaltregel die Luna XIV um sieben Tage. Dies wirkte sich auch auf die Epakten aus. Von Epakte VIII im ersten Zyklusjahr musste man für die Jahre 1583 bis 1699 zurückgehen auf Epakte I. Durch den Ausfall des Schaltage im Jahr 1700 sprang man dann auf Epakte * für das erste Jahr.

Die folgende Tabelle soll die Auswirkungen der Anpassung des Sonnen- und des Mondjahres auf Luna XIV paschalis und auf die Epakten verdeutlichen:

aequatio
lunaris
aequatio
solaris
Epakte
greg.
14. Nisan
für 1. Jahr
bis 1582 8 5. April
ab 1582-3+10112. April
ab 1600  0  01 12. April
ab 1700 0 +1*13. April
ab 1800-1 +1*13. April
ab 1900 0 +129 14. April
ab 2000 0  02914. April
ab 2100-1 +12914. April
ab 2200 0 +128 15. April
u.s.w.

Dies ergibt nun die folgenden Tabellen der Epakten:

bis 1582
Gold. Zahl: 12345678 910111213141516 171819
Epakte: VIIIXIX*XIXXIIIIIXIVXXV VIXVIIXXVIIIIXXXIXIIXXIII IVXVXXVI

1583 - 1699
Gold. Zahl: 12345678 910111213141516 171819
Epakte: IXIIXXIIIIVXVXXVIVIIXVIII XXIXXXXIIIXIIIXXIVVXVI XXVIIVIIIXIX

1700 - 1899
Gold. Zahl: 12345678 910111213141516 171819
Epakte: *XIXXIIIIIXIVXXVVIXVII XXVIIIIXXXIXIIXXIIIIVXV XXVIVIIXVIII

1900 - 2199
Gold. Zahl: 12345678 910111213141516 171819
Epakte: XXIXXXXIIIXIIIXXIVVXVI XXVIIVIIIXIX*XIXXIIIIIXIV XXVVIXVII

2200 - 2299
Gold. Zahl: 12345678 910111213141516 171819
Epakte: XXVIIIIXXXIXIIXXIIIIVXV XXVIVIIXVIIIXXIXXXXIIIXIII XXIVVXVI

Die julianische Osterrechnung brauchte die Epakten nicht unbedingt, man konnte fast genauso gut mit den Golden Zahlen rechnen. Im gregorianischen Kalender hingegen sind sie unverzichtbar. Sie dienen als Richtschnur in den laufenden Anpassungen von Sonnen- und Mondjahr, sind darüber hinaus im Kalendarium Leitzahlen, mit denen man die Mondphase eines jeden Tages über Jahrtausende hinweg feststellen kann. Die Epakten bilden die Grundlage des gregorianischen Mondkalenders.

Diese Epaktenregelung ist auch der Grund, weshalb der gregorianische Kalender zu recht als immerwährend bezeichnet werden kann, gültig bis in alle Ewigkeit. Natürlich war es Clavius und seinen Mitarbeitern klar, dass irgendwann einmal die zyklischen Daten von den Himmelsbewegungen um einen Tag abweichen werden. Dann muss aber nur der Epaktensprung um ein Jahrhundert vorgezogen oder hinausgeschoben werden. Der eigentliche Kalender wird hierdurch nicht berührt.


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Anmerkungen

Tabellen mit den Epakten und Goldenen Zahlen über Jahrtausende hinweg finden sieh in dem Artikel Zur Statistik der Osterdaten: Tabelle der Epakten und der Goldenen Zahlen

Mit dem Epaktenrechner kann man für jedes beliebige Jahr die Goldene Zahl und die Epakte bestimmen, um dann im Kalendarium des Missale Romanum die Mondphasen über Jahrtausende hinweg ablesen zu können.

Ähnliches leistet auch das Programm: Berechnung des Frühlingsvollmond. Damit kann auch gezeigt werden, mit welch unglaublicher Genauigkeit der gregorianische Kalender die Bewegungen von Sonne und Mond wiedergibt.

siehe auch die folgenden Arbeiten:


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