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N A. B Der Computus
der Alexandriner und Äthiopier
Inhalt

Die folgenden Ausführungsen stützen sich, soweit nichts anderes vermerkt, auf das folgende Werk:

Neugebauer, Otto
Ethiopic Astronomy and Computus
Österreichische Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse, Sitzungsberichte, Band 347
[= Veröffentlichungen der Kommission für Geschichte der Mathematik, Naturwissenschaften und Medizin, Heft 22]
Wien 1979
Gliederung:
Zum Rechenprogramm: Der Computus der Alexandriner.
Zu den Tabellen: Der Computus der Alexandriner.

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Der "alexandrinische" Kalender

vergleiche hierzu auch: Die Zeitrechnung der Alexandriner / Kopten und der Abessinier / Äthiopier

Es war das Patriarchat von Alexandria, in dem Ende des 3. und Anfang des 4. Jahrhunderts jene Methode zur Bestimmung des Ostertags entwickelt wurde, die nach langen Auseinandersetzungen von allen andern Christen übernommen werden sollte und die viele Jahrhunderte lang einheitliche Ostern in der gesamten Christenheit ermöglichte.

Der offiziellen Zeitrechnung des Römischen Reiches, dem 46 vor Christus eingeführtem julianischen Kalender, lag ein Sonnenjahr mit einer mittleren Länge von 365 Tagen und sechs Stunden zugrunde. Drei Jahren mit 365 Tagen folgte ein Schaltjahr mit 366 Tagen. Im Osten des Reichen war ein eigener Kalender verbreitet, der die Tradition des altägyptischen Jahres fortsetzte, der aber dem julianischen jahr angepasst war. Das Jahr hatte 12 Monate, jeder Monat hatte 30 Tage, dem 12 Monaten folgten fünf Zusatztage, die Epagomenen. Im Schaltjahr kam eine sechste Epagomene hinzu.

Die Monatsnamen des alexandrinischen Kalenders:
    griechisch griechische
Schrift
koptisch arabische
Schrift
  äthiopisch
   1.: Thot Θωθ Tut توت   Maskarem
   2.: Phaophi Φαωφι Babeh بابه   Tekemt
   3.: Hathyr Άϑύρ Hatur هاتور   Hedar
   4.: Choiak Χοίακ Kijhak كيهك   Tachas
   5.: Tybi Τυβι Tubeh طوبه   Ter
   6.: Mechir Μεχίρ Amschir أمشير   Yakatit
   7.: Phamenoth Φαμενώθ Barmahat برمهات   Magabit
   8.: Pharmuthi Φαρμουθι Barmudeh برموده   Miyazia
   9.: Pachon Παχών Baschnas بشنس   Ginbot
  10.: Payni Παϋνι Bauneh بوؤنه   Sene
  11.: Epeiph Έπίφ Ebib أبيب   Hamle
  12.: Mesori Μεσορή Mesri مسرى   Nahasse
    Epagomenen   Nasie (ayyam a-nasi') الشهر الصغير   Phagumen

Das Schaltjahr der Alexandriner ging dem Schaltjahr im römischen Kalender um ein Jahr voraus. Dies hatte zur folge, dass in den Monaten März und April, den Monaten, in denen das Osterfest zu liegen kommt, jedes Datum im alexandrinischen Kalender immer dem gleichen Datum im römischen Kalender entsprach.

Vergleich des alexandrinischen und des römischen Kalenders für die Ostermonate März und April:

  1. Phamenoth 25./26. Febr. v. kal. Mar.
  2. 26./27 iv. kal. Mar.
  3. 27./28. ii. kal. Mar.
  4. 28./29. pridie kal. Mar.
  5.  1. März kal. Mar.
  6.  2. vi. non. Mar.
  7.  3. v. non. Mar.
  8.  4. iv. non. Mar.
  9.  5. iii. non. Mar.
 10.  6. pridie non. Mar.
 11.  7. non. Mar.
 12.  8. viii. idib. Mar.
 13.  9. vii. idib. Mar.
 14.10. vi.idib. Mar.
 15.11. v. idib. Mar.
 16.12. iv.idib. Mar.
 17.13. iii. idib. Mar.
 18. 14. pridie.idib. Mar.
 19. 15. idib. Mar.
 20. 16. xvii. kal. Apr.
 21. 17. xvi. kal. Apr.
 22. 18. xv. kal. Apr.
 23. 19. xi. kal. Apr.
 24.20. xiii. kal. Apr.
 25.21. xii.kal. Apr.
 26. 22. xi. kal. Apr.
 27. 23. xi. kal. Apr.
 28. 24. ix. kal. Apr.
 29. 25. viii. kal. Apr.
 30. 26. vii. kal. Apr.
  1. Pharmuthi 27. März vi. kal. Apr.
  2. 28. v. kal. Apr.
  3. 29. iv. kal. Apr.
  4. 30. iii. kal. Apr.
  5. 31. pridie kal. Apr.
  6.  1. April kal. Apr.
  7.  2. iv.non. Apr.
  8.  3. iii.non. Apr.
  9.  4. pridie.non. Apr.
 10.  5. non. Apr.
 11.  6. viii.idib. Apr.
 12.  7. vii.idib. Apr.
 13.  8. vi. idib. Apr.
 14.  9. v. idib. Apr.
 15.10. iv. idib. Apr.
 16.11. iii. idib. Apr.
 17.12. pridie idib. Apr.
 18. 13. idib. Apr.
 19. 14. xviii. kal. Mai.
 20. 15. xvii. kal. Mai.
 21. 16. xvi. kal. Mai.
 22. 17. xv. kal. Mai.
 23. 18. xiv. kal. Mai.
 24. 19. xiii. kal. Mai.
 25.20. xii. kal. Mai.
 26. 21. xi. kal. Mai.
 27. 22. x.kal. Mai.
 28. 23. ix.kal. Mai.
 29. 24. viii. kal. Mai.
 30. 25. vii. kal. Mai.

Weitere Einzelheiten siehe Die Zeitrechnung der Alexandriner / Kopten und der Abessinier / Äthiopier


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Die alexandrinische Osterrechnung

Die jüdischen Monate:
   1.: Tischri
   2.: Marcheswan
   3.: Kislev
   4.: Tebet
   5.: Schebat
   6.: Adar
   7.: Nisan
   8.: Iyar
   9.: Siwan
  10.: Tammuz
  11.: Ab
  12.: Elul

In diesen "bürgerlichen" Kalender mussten die Christen nun ihre Osterberechnung einfügen. Es gab nie einen Zweifel daran, dass hierbei die Grundlagen des jüdischen Kalenders zu beachten seien. Dieser beruht auf einem gebundenem Mondjahr. Jeder Monat beginnt mit Neumond, oder genauer mit dem Abend, an dem erstmals nach Neumond eine schmale Mondsichel am Abendhimmel sichtbar ist. Dies galt zumindest für den Tischri, den ersten Monat des Jahres, und auch für den Frühlingsmonat Nisan. Ansonsten folgt immer auf einen "vollen" Monat mit 30 Tagen ein "hohler" Monat mit 29 Tagen. Der erste Monat hat immer 30 Tage. Das Jahr hat 12 Monate. Da nun 12 Mondmonate rund 11 Tage weniger zählen als ein Sonnenjahr, muss jedes zweite oder dritte Jahr ein zusätzlicher Monat von 30 Tagen eingeschaltet werden, um zu verhindern, dass die Monate im Laufe der Zeit durch alle Jahreszeiten wandern.

Aus der Erfahrung vieler Jahrhunderte wusste man, dass 19 Sonnenjahren zu je 365 Tagen recht genau 19 Mondjahren entsprechen. 12 Gemeinjahren zu 354 Tagen und 7 Schaltjahren zu 384 Tagen sind genau 6936 Tage [19 x 365 = 6935, 12 x 354 + 7 x 384 = 6936] 19 Mondjahre haben einen Überschuss von einem Tag. Deshalb musste man irgendwann in diesem Zyklus im Mondjahr einen Tag ausfallen lassen, indem man in einem Monat zu überlicherweise 30 Tagen einen Tag strich. Dies ist der vielzitierte "saltus Lunae", der Mondsprung. Die Schalttage im Sonnenjahr bleiben bei dieser Rechnung unberücksichtigt. Ihr vierjähriger Zyklus passt nicht in den 19jährigen Zyklus. Dies ist auch nicht notwendig. Immer wenn sich das Sonnenjahr durch den Schalttag verlängert, verlängert sich auch das Mondjahr um diesen einen Tag, und es spielt keine Rolle, ob dies drei mal oder vier mal innerhalb von 19 Jahren erfolgt.

Seit Beginn des 5. Jahrhunderts vor Christus regelte dieser Zyklus den Kalender des babylonisch-persischen Reiches. Nach dessen Untergang übernahm die Zeitrechnung der Seleukiden ebendiesen Zyklus, der wiederum die zahlreichen lokalen Kalender der Region beeinflusste.


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Der Zyklusbeginn:

Dieses uralte Kalenderwissen nutzen die Christen bei ihrer Bestimmung des Ostertages. Sie legten ihrer Osterberechnung diesen Zyklus von 19 Jahren zugrunde und bestimten so den Tag des Passahfestes, den 14. Nisan oder die Luna XIV primi mensis der Lateiner. Das 1. Jahr der Zählung der Jahre nach Kaiser Diokletian war auch das erste Jahr eines 19jährigen Zyklus. Da aber auch das Sonnenjahr und die Zahl der Wochentage berücksichtigt werden mussten, umfasste der gesamte grosse Osterzirkel 532 Jahre. Gegen Ende des 4. Jahrhunderts schrieb der alexandrinische Mönch Panadoros eine Chronographie, in der er das Jahr der Schöpfung berechnete. 412 ergänzte und verbesserte Anianos diese Weltchronik. Der 1. Thot 1 dieser Weltära, der dem 29. August 5493 vor Chr. entspricht, wurde Ausgangspunkt für die alexandrinische Zeitrechnung und für die Osterberechnung. Mit diesem Tag beginnt der erste grosse Osterzyklus. Der alexandrinische Computus gibt immer nur die Zyklenjahre an, nie aber eine Jahreszahl.
Ära   Zyklus
   532 Jahre
  Zyklus
   19 Jahre
Jahr
       nach Dionysius Exiguus
Weltära, Jahr 1 1 1 5493/2 a. Chr. n.
Diokletian, Jahr 1 457 1 284/5 p. Chr. n.
Gnadenära, Jahr 1 1 1 360/1 p. Chr. n.


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Die Epakten:

Eine wichtige Rolle bei der Zusammenfügung von Sonnen- und Mondjahr spielte der Begriff der Epakten. Dieses Wort leitet sich ab vom Griechischen επάγειν hinzufügen, einschalten (z.B. Tage). Den Begriff "ημεραι επακται" übersetzt Dionysius Exiguus 525 mit "dies adiectiones", hinzuzufügende Tage. Die Epakte ist nichts anderes als die Zahl der Tage, um die das Sonnenjahr das Mondjahr übertrifft. "Epacta nihil aliud est quam numerus dierum quibus annus solaris communis dierum 365 annum communem lunarem dierum 354 superat", so steht es im Canon III der Päpstlichen Kommission zur Kalenderreform des Jahres 1582. Der alexandrinische Computus zeigt nun deutlich den Ursprung dieses Begriffes, der später von den Computisten des Westen völlig umgedeutet und missdeutet wurde.


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Zusammenspiel von Epakte, Jahresbeginn im Sonnenjahr, Jahresbeginn im Mondjahr:

Im ersten Zyklusjahr beginnt wie gesagt mit dem 1. Thot ein neuer Mondmonat, der 12. und letzte im Mondjahr. Die Epakte ist daher "Null". Ein Jahr später beginnt dieser Monat 11 Tage früher, am 25. Mesori, dem 12. Monat im Sonnenjahr. Die Epakte des zweiten Jahres ist daher 11. Ein weiteres Jahr später wird dieser Monat am 14 Mesori beginnen, die Epakte ist dann 22. Der erste Tag dieses die Epakte regulierenden Mondmonats wird als "Sitz der Epakte (ledata abaqte)" bezeichnet. Dieser Monat hat 29 Tage. Der erste Tag des folgenden Monats ist dann das "Jüdische Neujahr (matqe'e)" Es schwankt um das Herbstäquinoctium. Frühester Tag ist der 15. I. (15. Thot), spätester Termin der 13 II (13. Phaophi). Droht das "Jüdische Neujahr" vor den 15. I. zu fallen, muss ein Schaltmonat von 30 Tagen im Mondkalender eingeschoben werden. 190 Tage nach matqe'e (3 Monat zu 30 Tagen plus 3 Monate zu 29 Tagen plus 13 Tage später) liegt das Passahfest, die Luna XIV Paschalis der lateinischen Computisten.

Es bestehen also folgende Abhängigkeiten:

Die folgende Tabelle soll dies noch einmal verdeutlichen:

   Cycl 19  Epakte  Sitz der                Jüd.              Passah  =  Luna XIV
                    Epakte                 Neujahr

     1        0     1. Thot     + 29        30. I.   + 190    10. VIII.    5. Apr.
     2       11    25. XII.     + 29        19. I.   + 190    29. VII.    25. März
     3       22    14. XII.     + 29 + 30    8. II.  + 190    18. VIII.   13. Apr.
     4        3     3. Ep.      + 29        27. I.   + 190     7. VIII.    2. Apr.
     5       14    22. XII.     + 29        16. I.   + 190    26. VII.    22. März
     6       25    11. XII.     + 29 + 30    5. II.  + 190    15. VIII.   10. Apr.
     7        6    30. XII.     + 29        24. I.   + 190     4. VIII.   30. März
     8       17    19. XII.     + 29 + 30   13. II.  + 190    23. VIII.   18. Apr.
     9       28     8. XII. +30 + 29         2. II.  + 190    12. VIII.    7. Apr.
    10        9    27. XII.     + 29        21. I.   + 190     1. VIII.   27. März
    11       20    16. XII.     + 29 + 30   10. II.  + 190    20. VIII.   15. Apr.
    12        1     5. Ep.      + 29        29. I.   + 190     9. VIII.    4. Apr.
    13       12    24. XII.     + 29        18. I.   + 190    28. VII.    24. März
    14       23    13. XII.     + 29 + 30    7. II.  + 190    17. VIII.   12. Apr.
    15        4     2. Ep.      + 29        26. I.   + 190     6. VIII.    1. Apr.
    16       15    21. XII.     + 29        15. I.   + 190    25. VII.    21. März
    17       26    10. XII.     + 29 + 30    4. II.  + 190    14. VIII.    9. Apr.
    18        7    29. XII.     + 29        23. I.   + 190     3. VIII.   29. März
    19       18    18. XII.     + 29 + 30   12. II.  + 190    22. VIII.   17. Apr.
     1        0     1. Thot     + 29        30. I.   + 190    10. VIII.    5. Apr.

Die Klarheit dieser Tabelle ist beeindruckend. Lediglich im 9. Zyklusjahr scheint eine kleine Unregelmässigkeit vorhanden zu sein.


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Der Saltus Lunae;

Wie oben gesagt muss innerhalb von 19 Jahren einmal ein Tag im Mondjahr ausfallen, damit nach 19 Jahren die gleiche Mondphase wieder auf das gleiche Datum im Sonnenjahr fällt. Im alexandrinischen Computus geschicht dies im Übergang vom letzten zum ersten Zyklusjahr. Der 7. Monat im Mondjahr, der Nisan, beginnt am 9. VIII. (9. Pharmuthi). Der 11. Monat der regulär 30 Tage hätte, beginnt daher am 7. XII (7. Mesori). Er muss um einen Tag gekürzt werden, da am folgenden 1. Thot des ersten Zyklusjahres ein neuer Mondmonat beginnt. Dies ist der immer wieder erwähnte "Saltus Lunae", der Mondsprung, da der Mond hier einen Tag im Kalender zu überspringen scheint.


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Die Null

Obwohl die Handschriften, die Neugebauer in seiner Arbeit heranzieht, alle aus einer Zeit stammen, in der es bereits ein Zahlenzeichen für die Null gab, wird nie eine Ziffer benutzt, die Zahl Null wird immer ausgeschrieben. An zwei Stellen taucht im Computus die Null auf:


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Die Bestimmung des Wochentages

Um den Ostersonntag bestimmen zu können, muss man auch den Wochentag eines bestimmten Tages im Jahr wissen. Die Wochentage werden durchgezählt, der erste Tag der Woche ist immer der Sonntag. Diese Wochentagszahlen werden im abendländischen Computus Sonnenepakten oder Konkurrenten genannt, es ist eine Zahl von 1 bis 7. Die Konkurrenten erhöhen sich jedes Jahr um 1, in einem Schaltjahr um 2. Daher wiederholt sich die Reihenfolge der Wochentage alle 28 Jahre.
Im alexandrinische Computus werden an verschiedenen Stellen Wochentage angezeigt, zum einem ausgeschrieben in Buchstaben, zum anderen als Zahlen.


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Die Benennung der Jahre

Dei Alexandriner benannten die Jahre nach den Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Das Jahr 1 der Ära Diokletiani (und auch der Weltära) war ein Matthäusjahr. Schaltjahr ist das Lukasjahr. Dieses Jahr hat sechs Epagomen. Die Zahl der Epagomenen eines Jahres wird in den Tabellen ebenfalls angegeben. Allerdings bezieht sich die Zahl der Epagomenen immer auf das Vorjahr. Dies macht Sinn, denn es ist wichtig, ob vor dem 1. Thot ein Schalttag liegt oder nicht.


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Der Schalttag

Wie bereits angesprochen darf der Schalttag im Sonnenjahr bei dem Abgleich von Sonnen- und Mondjahr nicht berücksichtigt werden, wohl aber bei der Bestimung des Wochentages.


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Feiertage

Im Computus sind auch eine Feiertage angeführt.

Man sollte keinesfalls annehmen, die Juden in Ägypten und in Äthiopien hätten sich bei der Bestimung ihrer Feiertage nach dem Computus der Christen gerichtet. Zu Beginn des 4. Jahrhunderts, als die alexandrinische Osterbestimung ihre endgültige Form fand, gab es eine Vielzahl jüdischer Gemeinden in der Diaspora, die das gleiche Problem hatten wie die Christen, sie mussten ihren Kalender in Einklang bringen mit dem bürgerlichen Kalender. Eine allgemein gültige Norm gab es nicht, die einzelnen Gemeinden gingen eigene Wege. Andererseit war die Verbindung von Kirche und Synagoge noch sehr eng. Christliche Gemeinden richteten sich nach dem Passah der Juden, um ihr Osterfest festzulegen. So lag es für das Patriarchat von Alexandrien nahe, in ihre Ostertafeln einen jüdischen Kalender einzubauen um die Korrektheit der Bestimmung des Passahtages zu belegen. Im Mondjahr ging die Nacht dem Tag voraus, das heisst, die Tage begannen mit ihren (Vor-) Abend. Daher wird dieser Mondkalender auch als "Abend-Epoche" (wörtlich. "Abendbeginn") bezeichnet, im Gegensatz zum auf dem Sonnenjahr gründenden bürgerlichen Kalender, bei dem der Tag der Nacht vorausging, und der deshalb auch Morgen-Epoche (wörtlich. "Tagesbeginn") genannt wurde.


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Sonnenjahr und Mondjahr im alexandrinischen Computus

Oben wurde bereits das Zusammenspiel von Sonnen- und Mondjahr besprochen. Daraus geht eindeutig hervor, dass der erste Monat im "jüdischen Jahr" (Tischri), der mit dem jüdischen Neujahr beginnt, 30 Tage zählen muss. Alle ungeraden Monate (so man die Zählung mit diesen Monat beginnt) haben 30 Tage, so auch der siebte Monat (Nisan, der Ostermonat), alle geraden Monate 29 Tage, so auch der 12 Monat, der Monat, der die Epakte regiert. Dies ist auch der Monat, der dem "Jüdischen Neujahr" vorausgeht, es sei denn, ein Schaltmonat muss eingeschoben werden.

Die alexandrinische Zeitrechnung begann mit dem 1. Thot im Jahr der Schöpfung, dem Anfang eines Sonnenmonats von 30 Tagenn und gleichzeitig eines Mondmonats von 29 Tagen.

Die folgende Tabelle zeigt die Monatsanfänge und die Abfolge der vollen und hohlen Monate über den gesamten Zyklus:

Die Anfänge der Mondmonate im 19jährigen alexandrinischen Zyklus:
Die Monatsnamen des bürgerlichen Jahres sind durchnummeriert mit Ausnahme des ersten Monats Thot.
Die in den einzelnen Feldern stehenden Zahlen geben an, an welchen Tagen im entsprechenden Monat ein neuer Mondmonat beginnt.
Rot unterlegte Daten zeigen das "Jüdische Neujahr"an. Dieser Monat hat 30 Tage.
Grün unterlegte Daten bedeuten, dass hier ein voller Monat zu 30 Tagen beginnt.
Fett gedruckte Zahlen zeigen den Beginn eines Schaltmonats an.
Zyk Epakte XII EgThotII IIIIVV VI.VIIVIII IXXXI
I   Null 7 - - 1/30 30 29 29 28 28 27 27 26 26 25
II   11 25 - - 19 19 18 18 17 17 16 16 15 15 14
III   22 14 - - 8 8 8 7 7 6 6 5 5 4 4
IV   3 3 3 27 27 26 26 25 25 24 24 23 23 22
V   14 22 - - 16 16 15 15 14 14 13 13 12 12 11
VI   25 11 - - 5 5 5 4 4 3 3 2 2 1 1/30
VII   6 30 - - 24 24 23 23 22 22 21 21 20 20 19
VIII   17 19 - - 13 13 13 12 12 11 11 10 10 9 9
IX   28 8 - - 3 2 2 1 1/30 30 29 29 28 28 27
X   9 27 - - 21 21 20 20 19 19 18 18 17 17 16
XI   20 16 - - 10 10 10 9 9 8 8 7 7 6 6
XII   1 5 5 29 29 28 28 27 27 26 26 25 25 24
XIII   12 24 - - 18 18 17 17 16 16 15 15 14 14 13
XIV   23 13 - - 7 7 7 6 6 5 5 4 4 3 3
XV   4 2 2 26 26 25 25 24 24 23 23 22 22 21
XVI   15 21 - - 15 15 14 14 13 13 12 12 11 11 10
XVII   26 10 - - 4 4 4 3 3 2 2 1 1/30 30 29
XVIII   7 29 - - 23 23 22 22 21 21 20 20 19 19 18
XIX   18 18 - - 12 12 12 11 11 10 10 9 9 8 8
I   Null 7 - - 1/30 30 29 29 28 28 27 27 26 26 25

Für die Korrektheit dieser Tabelle gibt es viele Beweise. So ist es eine verbreitere Praxis nicht nur in Alexandris gewesen, die Mondmonate nach den Sonnenmonaten zu benennen, mit denen sie ungefähr übereinstimmen. Für den Beginn der Weltära ergibt dies folgende Tabelle:

      Monat I    beginnt am  1. 1.  endet am 29. 1   Thot   / Maskarem
      Monat II   beginnt am 30. 1.  endet am 29. 2   Phaophi / Tekemt
      Monat III  beginnt am 30. 2.  endet am 28. 3   Hathyr  / Hedar

In einer äthiopischen Quelle heisst es: "Hedar beginns on the 19th of Teqemt and ens on the 17th of Hedar." Dies bedeutet, der Mondmonat III beginnt am 19. 2. und endet am 17. 3. Dies ist, wie obige Tabelle zeigt, im 2. Zyklusjahr der Fall.

Die Ausführungen über den alexandrinischen Computus stützen sich auf das oben erwähnte Werk von Otto Neugebauer über den äthiopischen Computus, der sich von dem Alexandrias nicht unterscheidet. Neugebauer setzt seine Anfänge in das frühe 5. Jahrhundert, im Anschluss an die Arbeiten von Annianus und Panodorus über die Weltära. Bereits ein Jahrhundert früher hatte die alexandrinische Osterrechnung ihre endgültige Form gefunden, wie die Osterbriefe des Athanasius beweisen. Im Patriarchat gab es Listen mit dem Osterdaten, sowohl den zyklischen wie auch den tatsächlich angesetzten [Schwartz (1905), S. 3]. Der bürgerliche Kalender war vorgegeben und mit ihm auch die Wochentage. Dieser Kalender wiederholte sich alle 28 Jahre. In ihn musste man nur die Daten für den Passahtag, die Luna XIV primi mensis der Lateiner, eintragen, die sich alle 19 Jahre wiederholten. Es ist naheliegend, nicht nur den 14. Nisan sondern auch einmal den 1. Nisan in den Kalender hineinzuschreiben und dann die weiteren Monatsanfänge nach dem Mondjahr. Hierzu bedurfte es weder grösserer mathematischer Erfahrungen noch irgendeiner Kenntnis der Astronomie. Das Ergebnis wäre dann die obige Tabelle, der Computus. Dies ist nicht nur eine Spielerei. Der alexandrinische Zyklus beruht auf uraltem Kalenderwissen, wie es die Juden tradierten. Lange hatte man Ostern "mit den Juden" gefeiert. Man musste sich aber in der Passahberechnung von ihnen lösen. Nur durch die Ausarbeitung eines vollständigen Kalenders aber konnte man die korrekte Berechnung des Passahtages und damit des Ostersonntages belegen.


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