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N A. B | Das Ruzname des Darendeli Mehmed Efendi Beschreibung und Erläuterungen, Abschnitt I |
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Dieser erste Abschnitt der Kalenderrolle dient der Bestimmung des Wochentages mit Hilfe von sogenannten Konkurrenten. Das Prinzip ist recht einfach. Die Wochentage werden durchnumeriert, beginnend mit dem Sonntag, der die 1 erhält. Jedes Jahr hat eine Jahreskonkurrente und jeder Monat eine Monatskonkurrente. Addiert man diese beiden Zahlen, erhält man die Konkurrente für den ersten Tag des betreffenden Monats im entsprechenden Jahr.
Feld III: Die mittlere Reihe enthält eine Liste der Wochentage mit den Tageskonkurrenten, wobei auch noch die um 7 erhöhten Zahlen verzeichnet sind, denn das Ergebnis der Berechnungen kann zwischen 2 und 14 liegen.
Feld I: Im obersten Feld dieser Seite sind nun die zwölf Monate des islamischen Jahres verzeichnet, darunter steht in arabischen Ziffern die Monatskonkurrente, darüber jeweils ein Wort. Der Zahlenwert des ersten Buchstabens entspricht der Konkurrente. So entsteht folgender Merkvers:
Zar eder | Bülbülleri | Cor ile | Hic | Vermez | Aman |
Bag-i | Dehrin | Her zaman | Zehrini | Icmekde | Cihan |
Auf Deutsch etwa: "Zum Klagen bringt er die Nachtigallen mit Tyrannei, keine Gnade lässt er walten,
der Garten des Weltlaufes. Immerzu trinkt die Welt Gift."
Feld II: In der Reihe oberhalb der Liste der Wochentage findet man die Liste der Jahreskonkurrenten im Mondjahr, acht Ziffern, beginnend mit der 1. Die Zahl 5 im folgenden Feld zeigt, dass das Jahr von Feld 1 ein Gemeinjahr zu 354 Tagen, denn 354 Tage entsprechen 50 Wochen und vier Tagen. Die dritte Zahl ist eine 3, das zweite Jahr ist demzufolge ein Schaltjahr mit 50 Wochen und vier Tagen, und so weiter. Welche Konkurrente welchem Jahr zuzuordnen ist, geht aus der Zahl 1211 hervor, die bei der fünften Ziffer steht. Das islamische Jahr 1211 begann am 26. Juni 1796 des julianischen Kalenders. Die Kalenderrolle wurde in diesem Jahr gefertigt, wie auch ganz am Ende der Rolle verzeichnet ist. Dort steht: "Dies schreib Sulaiman Hikmati 1211". Bei jeder Konkurrente ist ein Merkwort notiert, dessen erster Buchstabe den Zahlenwert der Konkurrente entspricht. Ein rechter Sinn ist in dem daraus entstehenden Merkvers nicht zu erkennen.
Hinter diesem Zyklus steckt folgende Überlegung: Ein islamisches Jahr hat 354 Tage, ungefähr jedes dritte Jahr ist ein Schaltjahr zu 355 Tagen. Der achtjährige Zyklus zählt 8 * 354 Tage + 3 Schalttagen, das sind genau 405 Wochen.Die Differenz zum tatsächlichen Mondlauf beträgt nur etwas mehr als 11 Minuten pro Jahr oder einen Tag in 128 Jahren
Im Abendland werden die Konkurrenten auch Sonnenepakten genannt, weil sie dort nur den Wochentag im Sonnenjahr anzeigen. Scheich Vefa und ihm folgend Darendeli Mehmed Efendi haben gezeigt, dass man dieses Prinzip auch auf den islamischen Kalender übertragen kann.
Der untere Teil der Seite gilt der Ermittlung des Wochentags im Sonnenjahr.
Feld IV: Hier ist die Liste der Jahreskonkurrenten zu sehen. Nach vier mal sieben gleich 28 Jahren wiederholt sich im julianischen Kalender die Reihenfolge der Wochentag. Gegen Ende der Liste ist dem Schreiber ein Flüchtigkeitsfehler unterlaufen. Die letzten acht Ziffern müssten lauten: 6.7.1.2.4.5.6.7
Feld V: Im letzten Feld, wieder rhombenförmig aufgeteilt, stehen die Monatsnamen des Sonnenjahres. Bei jedem Monat steht die entsprechende Konkurrente, sowie ein charakteristischer Tag. (siehe zu diesen Tagen Abschnit VI - XIII
Immer wieder taucht die Behauptung auf, im Osmanischen Reich sei ein islamischen Kalender mit achtjährigem Zyklus in Gebrauch gewesen. So heisst es zum Beispiel im Lexikon zur Geschichte Südosteuropas: "Im osm. Reich fand ein achtjähriger Zyklus Anwendung, der aus fünf Jahren mit 354 Tagen u. drei Schaltjahren mit 355 Tagen bestand" [Lexikon zur Geschichte Südosteuropas, Wien [u.a.] 2004, S. 761]. Etwas genauer ist Grohmann, der schreibt, das Ruzname sei " auf einem achtjährigen Zyklus aufgebaut". [Grohmann, Adolf, Arabische Chronologie [Handbuch der Orientalistik, 1. Abt., Der Nahe und Mittlere Osten, Ergänzungsband II, 1. Halbband],Leiden/Köln: Brill 1966]. Auch dies ist nicht korrekt, denn dem Hauptteil, den Umrechnungstabellen, liegt der 19jährige Zyklus zugrunde.
Der achtjährige Zyklus des Ruzname darf nicht verwechselt werden mit dem in der Chronologie recht bekannten achtjährigen lunisolaren Zyklus. Letzterer geht davon aus, dass nach acht geschalteten Mondjahren, fünf Gemeinjahren mit zwölf Monaten oder 354 Tagen und drei Schaltjahren mit 13 Monaten oder 384 Tagen. Bei ihm fallen nach Ablauf des Zyklus alle Daten des Mondjahres wieder auf das gleiche Datum im Sonnenjahr, die Reihenfolge der Wochentage wiederholt aber erst nach 56 Jahren. [vgl. hierzu: Theorie der zyklischen Osterberechnung]. Der Zyklus des Ruzname hingegen ist eine eigenständige Entwicklung, bei ihm wiederholen sich die Wochentage zyklisch alle acht Jahre. Für eine Umrechnung vom Mondjahr ins Sonnenjahr oder umgekehrt kann er nicht verwendet werden. Einen islamischen Kalender mit achtjährigem Zyklus gab es nie.
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