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N A. B Der Osterstreit
 
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Hippolyt

Im Jahre 1551 wurde bei Bauarbeiten in Rom eine Statue entdeckt, die den Hl. Hippolyt zeigt, auf einer Art Bischofssitz thronend. An den Seiten des Stuhls sind die Titel der Werke Hippolyts eingemeisselt sowie sein Osterzyklus. Diese Statue stammt zweifelsohne aus dem 3. Jahrhundert. Sie zeigt somit die älteste Ostertafel, die bis heute unverfälscht erhalten ist.[1]

Hippolyt war Vorsteher einer griechisch sprechenden Gemeinde in Rom. Es wird vermutet, er stamme aus Kleinasien oder Alexandria. Seine geistigen Wurzeln liegen jedenfalls im Osten, wie seine Werke zeigen, mit der jüdischen Theologie war er gut vertraut. Von seinen Anhängern hoch verehrt stand er in einer heftiger Auseinandersetzung mit dem 217 gewählten römischen Bischof Callixtus und lies sich selbst ebenfalls zum Bischof wählen. Er ist der einzige Gegenpapst, falls man in der damaligen Zeit schon von einem Papsttum reden kann, der heiliggesprochen wurde. Der von ihm entwickelte Osterzyklus fasziniert durch seinen Aufbau. Grundlage ist der achtjährige Mondzirkel, die Oktaeteris. Er kannte also nur acht mögliche Termine für die Luna XIV. Kombiniert mit den sieben Wochentagen ergibt dies eine Wiederholung aller Ostertage nach 56 Jahren. Seine Ostertafel umfasst nun aber nicht acht sondern 16 Reihen. Hierdurch erweitert er den achtjährigen Mondzyklus scheinbar auf 16 Jahre und kommt auf eine Kreislauf von insgesamt 112 Jahren. Durch diese Anordnung erscheint die Abfolge der Wochentage in seiner Tabelle in einer nahezu vollkommenen Ordnung, wie die folgende Gegenüberstellung zeigt:

 Die Ostertabelle, angeordnet nach der Oktaeteris:
     13. April  7  3  6  2  5  1  4
      2. April  4  7  3  6  2  5  1
     21. März   1  4  7  3  6  2  5
      9. April  7  3  6  2  5  1  4
     29. März   4  7  3  6  2  5  1
     18. März   1  4  7  3  6  2  5
      5. April  7  3  6  2  5  1  4
     25. März   4  7  3  6  2  5  1

 Die Ostertabelle, wie von Hippolyt entworfen:
    13. April   7  6  5  4  3  2  1
     2. April   4  3  2  1  7  6  5
    21. März    1  7  6  5  4  3  2
     9. April   7  6  5  4  3  2  1
    29. März    4  3  2  1  7  6  5
    18. März    1  7  6  5  4  3  2
     5. April   7  6  5  4  3  2  1
    25. März    4  3  2  1  7  6  5
    13. April   3  2  1  7  6  5  4
     2. April   7  6  5  4  3  2  1
    21. März    4  3  2  1  7  6  5
     9. April   3  2  1  7  6  5  4
    29. März    7  6  5  4  3  2  1
    18. März    4  3  2  1  7  6  5
     5. April   3  2  1  7  6  5  4
    25. März    7  6  5  4  3  2  1

Der früheste Termin für Luna XIV liegt am 18. März, der späteste am 13. April. Der Ostersonntag fällt somit in den Zeitraum 20. März bis 21. April.

Vergleiche hierzu auch die ausführliche Darstellung der Ostertabelle des Hippolyt

Die Tabelle beginnt mit dem Jahr 222, dem ersten Jahr der Regierung Kaiser Alexanders. In diesem Jahr fiel der Frühlingsvollmond auf den 13. April, gegen 12:00 Uhr mittlerer römischer Zeit.[2]

In die Tabelle eingestreut sind einige Anmerkungen zur biblischen Chronologie, von denen zwei von besonderem Interesse sind. Zum Jahr 223 ist angemerkt ΓΕΝΕΣΙΣ ΧΡ (genesis Christi), beim Jahr 253 findet sich der Hinweis ΠΑΘΟΣ ΧΡ (passio Christi). Ausgangspunkt dieser Berechnung war zweifelsohne der Todestermin, gesetzt auf Freitag, den 14. Nisan, dem Tag der Kreuzigung der biblischen Überlieferung. Rechnet man nun von dem Jahr 253 zwei volle Zyklen a 112 Jahren also 224 Jahre zurück, kommt man auf das Jahr 29.[3] Dieses Jahr wurde häufig mit dem 15. Jahr der Regierung des Tiberius und dem Konsulatsjahr der beiden Gemini, des C. Fufius Geminus und des L Rubellius Geminus gleichgesetzt, und galt als das Todesjahr Jesu. Von diesem Datum geht Hippolyt im Anklang an Lukas 3, 23 nun 30 Jahre zurück um auf das Geburtsdatum zu kommen. Die Meinung, Jesus habe 30 Jahre auf Erden geweilt, war damals weit verbreitet[4] und taucht auch in anderen Ostertabellen auf. Das Datum der Geburt setzt Hippolyt auf den 14. Nisan, einem Mittwoch. Der Tag der Geburt Christi zu Beginn des Frühlings mag heute verwundern. Nach einiger Diskussion ist man inzwischen davon überzeugt, dass mit Genesis wirklich Geburt gemeint sei und nicht etwa Empfängnis. Die jüdische und die judenchristliche Haggada legen, wie viele Beispiele beweisen, "die Geburt heilsgeschichtlich bedeutsamer Väter und die des Heilskindes stereotyp auf den 14. Nisan"[5] Hippolyt meint hier wirklich die Geburt, dagegen spricht auch nicht eine Stelle aus seinem Danielkommentar, in dem er den 25. Dezember als Geburtsdatum anführt. Diese Stelle ist sekundär interpoliert. Hippolyt kennt weder in seinem Danielkommentar noch im Osterkanon eine Geburt am 25. Dezember. Dieses Datum setzt sich erst später durch. Der 25. Dezember, der Tag der Wintersonnwende war bei den Römern dem Sol invictus, der unbesiegten Sonne, geweiht. Zur Zeit des Kaisers Aurelian wurde dieser Tag zum allgemeinen Feiertag erklärt. Viele römische Christen feierten diesen Tag mit, denn für sie war Christus der Sol verus, die wahre Sonne. Später benutzte die Kirche diesen Umstand, um dieses Fest in ein christliches umzuwandeln.[6] Nicht unbedeutend ist auch, dass der Tag der Geburt ein Mittwoch ist, der 4. Tag der Schöpfung, an dem Sonne und Mond in das Firmament gestellt wurden.

In diesem Osterkanon mit seiner klaren Struktur, dessen Chronologie eingebunden ist in die spätjüdisch-haggadische Tradition, die von der frühen Kirche als verbindlich erachtet worden war[7], mussten die Anhänger des Hippolyt eine Widerspiegelung der göttlichen Ordnung sehen. Er war es ihnen wert, in Stein verewigt zu werden.


Anmerkungen

1 Eine Abbildung befindet sich in MPG, Band X, Sp. 375. Ausführliche Darstellungen des Ostertafel Hippolyts u. a. bei Strobel (1977), S. 122 - 135 und Schwartz (1905), S. 34 - 36
2 nach den Berechnungen der NASA Internetlink
3 Strobel (1977) S. 123 kommt bei seiner Rechnung auf das Jahr 30.
4 vgl. z. B. Strobel (1977), S.101 - 104
5 Strobel (1977), S. 128
6 vgl, hierzu den Artikel Das Datum des Weihnachfestes
7 Strobel (1977), S. 131

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